In Erinnerung an Hans (Nick) Roericht
Hans (Nick) Roericht im Alter von 93 Jahren verstorben
Meldung vom 09.12.2025
Vor wenigen Wochen traf sich noch der engste Freundeskreis von Hans (Nick) Roericht (geb. 1932 in Schönkirch, Niederschlesien), um mit ihm seinen 93. Geburtstag in seinem Stammlokal zu feiern. Nun teilt seine Familie mit, dass der Designer am 8. Dezember 2025 in Ulm verstorben ist.
Hans (Nick) Roericht gehört zu den bekanntesten und erfolgreichsten Absolventen der Hochschule für Gestaltung Ulm. Bereits mit dem Entwurf für seine Diplomarbeit, dem Stapelgeschirr TC 100, erlangte er internationalen Erfolg. Der Entwurf entstand ab 1958 und ging ab 1961 in Produktion. Seit 1968 ist das TC 100 im Bestand der Sammlungen des Museum of Modern Art, New York.
Nach seinem Diplom arbeitete Roericht in der Entwicklungsgruppe 5 (E5), einem von Otl Aicher geleiteten Gestaltungsbüro innerhalb der Ulmer Hochschule. Dort entwarf er das Bordgeschirr für die Deutsche Lufthansa. Danach bat ihn Aicher, mit nach München zu gehen, wo er mit seinem Team das Erscheinungsbild für die XX. Olympischen Spiele 1972 in München gestaltete. Von Roericht stammt unter anderem der Entwurf für die Kunststoffschalensitze im Münchner Olympiastadion.
Nach Lehraufenthalten in den USA übernahm Hans (Nick) Roericht 1975 die Professur „Industrial Design“ an der damaligen Hochschule der Künste in Berlin (heute Universität der Künste). Mit Möglichkeits- und Machbarkeitsstudien erkundete er die notwendige Neuorientierung der Designprofession und daraus resultierend der Designlehre. Rund 20 seiner ehemaligen Studierenden wurden Professor*innen und vermittelten die Erkenntnisse aus diesen Studien an die folgenden Generationen. Die Geschichte der HfG Ulm wurde 1982 mit der HfG-Synopse, die Hans (Nick) Roericht mit einem Team erarbeitete, erstmals systematisch dargestellt.
Parallel zu seiner Lehrtätigkeit betrieb Roericht bis 2003 die „produktentwicklung roericht“ im Gebäude der ehemaligen Hochschule in Ulm. Er erarbeitete mit seinen Mitarbeitenden und Kooperationspartnern zahlreiche Designstudien und neuartige Konzepte. So realisierte er beispielsweise für die Firma Wilkhahn den „Stitz“, eine Stehstütze, oder den ersten, vollständig recyclefähigen Bürostuhl, ebenfalls für Wilkhahn. 1999 gründete Roericht mit seiner Frau und Berufspartnerin, der Wahrnehmungspsychologin Gisela Kasten, die „nick-roericht-stiftung“ zur Förderung alternativer Lern- und Entwurfsmodelle.
Dem HfG-Archiv / Museum Ulm überließ er zunächst seine umfassende Arbeitsbibliothek und ab 2014 auch das „roericht-archiv“, das seine Entwürfe in allen Stadien der Entwicklungsprozesse dokumentiert. Zu diesem Archiv zählt auch eine an eine Wunderkammer erinnernde Objektsammlung, aus der Roericht seinen Studierenden regelmäßig Beispiele für Formfindungen und Funktionslösungen als Anregung und zur Erkundung mit auf den Weg gab.
Hans (Nick) Roericht war sowohl in der Ulmer Stadtgesellschaft wie in der internationalen Wissenschafts- und Designwelt eng vernetzt. Er brachte unterschiedliche Disziplinen im Sinne zukunftsweisender Gestaltungslösungen zusammen, deren Basis auf seiner Ausbildung an der legendären HfG Ulm beruhte.



