Forschung
Das HfG-Archiv initiiert und unterstützt regelmäßig Forschungsprojekte, die sich mit der Geschichte der Ulmer Hochschule befassen.
Das HfG-Archiv initiiert und unterstützt regelmäßig Forschungsprojekte, die sich mit der Geschichte der Ulmer Hochschule befassen.
Die Hochschule für Gestaltung Ulm veröffentlichte zwischen 1958 und 1968 in insgesamt 21 Nummern die hochschuleigene Zeitschrift „ulm“. Die Publikation diente als Chronik sowie der Vorstellung der Ergebnisse aus Unterricht und Forschung der seit 1953 bestehenden Einrichtung.
Bis heute maßgeblich sind die darin veröffentlichten theoretischen Texte von Tomás Maldonado (1922-2018). Nicht zuletzt wegen dieser Artikel gilt die HfG Ulm als eine der Geburtsstätten für Designtheorie in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
2022 jährte sich der Geburtstag von Tomás Maldonado zum 100. Mal. Aus diesem Anlass widmet das HfG-Archiv das Programm Designer in Residence (DiR) dem bedeutenden Designtheoretiker.
Gemeinsam mit der Stiftung Hochschule für Gestaltung HfG Ulm schreibt das HfG-Archiv / Museum Ulm 2023 zum dritten Mal ein Stipendium im Rahmen seines Programms Designer in Residence aus. Mit dieser Reihe verfolgt das HfG-Archiv das Ziel, die eigene Doppelfunktion als Museum und Archiv in den Räumen der einstigen HfG Ulm mit zeitgenössischer Designforschung und -vermittlung zu verbinden.
Die Stiftung Hochschule für Gestaltung HfG Ulm übernimmt die Kosten für das monatliche Stipendium und stellt eine angemessene Unterkunft auf dem HfG-Campus kostenfrei zur Verfügung.
Tomás Maldonado
Gui Bonsiepe, ehemaliger Mitarbeiter an der HfG Ulm, charakterisiert an Maldonados Denken eine „Vorliebe für pensiero discorrente (gegenläufiges Denken), eine Abneigung gegen monokausale Erklärungen, ein Misstrauen gegenüber Entmaterialisierungstendenzen, eine Kritik an technologisch-politischer Naivität, […] ein Bestehen auf Nachprüfbarkeit, eine militante Rationalität, eine Vorliebe für lucidité (und somit eine Abneigung gegen romantische Verschwommenheit), ein Gespür für historische Zusammenhänge, eine Bereitschaft, Fachgrenzen zu überschreiten […]“
Umwelt und Revolte 2023
Die HfG Ulm verdankt sich ihren Erfolg sicherlich auch dem Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg und der damit verbundenen Herausforderung, das zerstörte Land mit allem Notwendigen auszustatten. Heute wissen wir, dass der wirtschaftliche Erfolg und die damit einhergehende Ausweitung der Konsumgesellschaft ebenso wie die Abhängigkeit der Wirtschaft von stetig steigenden Umsätzen auch ihre Schattenseiten haben.
Das Konzept der „Nachhaltigkeit“ ist seit Anfang des 21. Jahrhunderts in aller Munde, doch wurde es an der HfG Ulm bereits in den 1960er Jahren diskutiert (gemeinsam mit anderen Begriffen der Konsumkritik wie Obsoleszenz etc.). Tomás Maldonado hat sich nach seinem Weggang von Ulm weiter mit diesen Fragen auseinandergesetzt und seine Überlegungen in „Umwelt und Revolte: Zur Dialektik des Entwerfens im Spätkapitalismus“ (deutsch, 1972) publiziert.
An der Formulierung des „ulmer modells“ war Maldonado gemeinsam mit Otl Aicher maßgeblich beteiligt. Die damit erfolgte Orientierung des Gestalterberufs an technisch-wissenschaftlichen Fächern und die gezielte Ausbildung zu Team-Player:innen in holistischen Gestaltungsfragen können auch heute noch die Grundlage bilden, um an der Lösung der – von Horst Rittel schon an der HfG so betitelten – „wicked problems“ zu arbeiten.
Was ist die Kernfrage?
Mit der Ausschreibung des DiR-Programms 2023 will das HfG-Archiv die Stipendiatin, den Stipendiaten anregen, an diese Gedanken und Theorien anzuknüpfen.
Wünschenswert wäre eine Untersuchung, die basierend auf diesen Vorschlägen, Ansätze aufzeigt, wie Design und Designtheorie zur Lösung für die heute dringlichen Themen (zu wählen aus den Bereichen Social Design, Circular Design, Digitalisierung, Virtualisierung, Politisierung) beitragen können.
Die reichhaltigen Bestände des HfG-Archivs, z.B. zum Thema Mobilität, sind unbedingt als Ausgangsmaterial für die Recherche zu nutzen, auch um die heutige Situation vor der historischen Folie zu spiegeln.
An wen richtet sich das Programm?
Die internationale Ausschreibung fordert Gestalter:innen oder Designwissenschaftler:innen dazu auf, sich um ein sechsmonatiges Residence-Stipendium zu bewerben, welches zu einer experimentellen, technischen, künstlerischen und/oder theoretisch und wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem HfG-Erbe aus heutiger Perspektive einlädt.
Das Programm richtet sich explizit zur Förderung des Nachwuchses an Persönlichkeiten aus der Gestaltungspraxis oder der Designtheorie, die an der Schnittstelle zur angewandten Designforschung oder im Bereich Designwissenschaften tätig sind.
Das Programm ist nicht dazu geeignet, um begonnene Forschungsarbeiten im Allgemeinen wie im Besonderen zu Maldonado abzuschließen.
Was wird mit dem Stipendium geboten?
Der per Jury ausgewählten Person werden folgende Leistungen als sechsmonatiges Stipendium durch das HfG-Archiv Ulm angeboten:
Was ist mit der Annahme des Stipendiums verbunden?
Ablauf
Wie kann ich mich bewerben?
Wie verläuft der Bewerbungs- und Auswahlprozess?
Julia Hanisch, Dipl. Des., Stiftung Hochschule für Gestaltung HfG Ulm
Viktoria Heinrich M.A., Kunsthochschule Kassel
Prof. Dr. Joaquín Medina Warmburg, Karlsruher Institut für Technologie, Fakultät für Architektur
Dr. Martin Mäntele, Leiter HfG-Archiv Ulm / Museum Ulm
Prof. Dr. Dagmar Rinker, Hochschule für Gestaltung Schwäbisch Gmünd
Dipl. Ing. Alexander Wetzig, Stiftung Hochschule für Gestaltung HfG Ulm
Mit der Bewerbung um das Stipendium besteht kein Anspruch auf Stipendiumserhalt.
Es können nur die Bewerbungen berücksichtigt werden, die bis zum 15.05.2023 und per Mail eingereicht werden. Die Stipendiumsvergabe erfolgt durch die Jury. Das Urteil ist nicht anfechtbar.
Kontakt:
HfG-Archiv / Museum Ulm
Designer in Residence
c/o Dr. Martin Mäntele
Am Hochsträß 8
89081 Ulm
Germany
mailto: m.maentele[at]ulm.de
Tel. +49 731 161 4372
Fax: +49 731 161 4373
Zwischen 1955 und 1967 konzipierte die HfG Ulm vier Ausstellungen, die regional, national und international, zuletzt auf der Weltausstellung in Montréal, große Beachtung fanden.
Das dazu im HfG-Archiv vorhandene Material diente in diesem Forschungsprojekt als Grundlage für eine Thematisierung von Fragen der Gestaltung in der geistes- und sozialwissenschaftlichen Forschung. Hier kann die HfG als Vorreiter bezeichnet werden.
Im Rahmen des Projektes entstanden zwei Dissertationen, die Ausstellung HfG Ulm: Ausstellungsfieber sowie eine Projekt-Webseite.
Gefördertes Forschungsprojekt innerhalb der Initiative „Forschung in Museen“ der VolkswagenStiftung
Er studierte Produktgestaltung und Strategische Gestaltung an der HfG Schwäbisch Gmünd. In seinem Studium beschäftigte er sich mit Fragen der Nachhaltigkeit sowie der Begründbarkeit von Gestaltung in fachfremden Kontexten. Seine Arbeiten befinden sich an der Schnittstelle zwischen Gestaltung, Strategie und Forschung.
Ausgehend von den Überlegungen an der HfG Ulm, wie man den Designprozess systematisieren und wissenschaftlich begleiten könne, hat sich Simon Hettler aus München 2020 mit dieser Thematik über 50 Jahre nach Schließung der Ulmer Designhochschule auseinandergesetzt.
Im Rahmen des Projekts „AI aided Design − Artificial Intelligence aided Design“ − suchte er nach Möglichkeiten und Grenzen, Gestalter*innen im Designprozess durch künstliche Intelligenz zu unterstützen. Sehen und hören Sie mehr hierzu.
Geboren in Montreal, absolvierte sie 2018 ihren Master in Architektur an der University of British Columbia in Vancouver, Kanada. Zur Zeit arbeitet sie in einem Architekturbüro in Montreal. Zuvor schloss sie ihr Bachelorstudium in Architektur an der University of Montreal ab (2015) und studierte 2017 für ein Auslandssemester an der Lund Universität in Schweden.
Olivia Daigenault Deschêne ist leidenschaftlich interessiert an Gender Studies und feministischen Theorien und versucht, verschiedene Wege des Feminismus in Architektur und Design zu durchdringen. In ihrer Praxis untersucht sie Methoden der Architekturgestaltung als potenzielle Werkzeuge für Aktivismus und kritisches feministisches Wissen.
Im Herbst 2018 wurde Olivia Daigenault Deschêne vom HfG-Archiv Ulm, von der Stiftung für Gestaltung HfG Ulm und von Prof. Dr. em. Uta Brandes (themen- spezifisches Jurymitglied) als erste Stipendiatin des Residence-Programms ausgewählt und eingeladen.
„Zeig‘ mir wie du isst und ich sag‘ dir wer du bist“:
Was sagt es über uns aus, wie wir essen und womit? Abgesehen davon, dass es auf der Welt verschiedene Tischkulturen gibt, ist das Essen eine Tätigkeit, bei der wir soziale, insbesondere auch Geschlechterrollen ausüben bzw. ‚perfomen‘.
Inspiriert vom täglichen Mittagessen in der ehemaligen HfG-Mensa und aus einer feministisch-kritischen Perspektive studierte Olivia Daigneault Deschênes Fotobestände und Archivalien in Bezug auf die Themen Sitzen und Besteck-Design, sowie die Architektur der Bill-Mensa. Die Ergebnisse ihrer Untersuchungen sind Studien, Performances, Entwürfe und Modelle einer angewandten Designforschung, keine funktionalen Gestaltungslösungen – in Bezug auf geschlechtsspezifisches Rollenverhalten legen sie offen, spitzen zu, bis hin zu einem Karikieren stereotyper Erwartungshaltungen. Präsentiert wurden die Ergebnisse in der Sonderausstellung „Nicht mein Ding – Gender im Design“ im HfG-Archiv.
Persönlicher Rückblick:
„Für drei Monate auf dem HfG-Campus zu leben erlaubte mir, mich in einem inspirierenden Umfeld verstärkt mit den Themen Feminismus und Architektur zu beschäftigen. Auf Grund meines Interesses, mittels Design patriarchiale Strukturen des Alltags offenzulegen, entschied ich mich dafür, auf das Thema Essen und dessen Verhältnis zu ‚Gender‘ zu fokussieren. Am meisten inspiriert hat mich dazu die Gestaltung der HfG-Mensa von Max Bill. Für eine feministisch-kritische Perspektive wende ich in meinem Projekt ‚Zeig‘ mir wie du isst und ich sag‘ dir, wer du bist‘ Performance und ‚critical thinking‘ als Designmethoden an.“ Olivia Daigneault Deschênes
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